(Aus der Zeitschrift Chidusz, Wroclaw) Das Glück hat mich umarmt


Nejusch - Das Glück hat mich umarmt

(polnischer Titel: „Gorzki smak szczęścia“)

„Das Glück hat mich umarmt“ (polnischer Titel: „Gorzki smak szczęścia“), ein Roman in Briefen, ist eine weitere Stimme der zweiten Generation, eine intime Geschichte, in der Nea Weissberg das Schicksal ihrer Familie, ihre Kindheit, das Erwachsenwerden, das Verhältnis zu Nahestehenden, die Annäherung an die Wahrheit und den Aufbau der eigenen Identität beschreibt. Sie wurde in Deutschland geboren, ist dort aufgewachsen und geblieben. Sie spricht von sich als Berlinerin jüdischer Herkunft. Ihre Briefe sind hauptsächlich, aber nicht nur, an einen imaginierten Freund gerichtet, einen Nichtjuden. Es entsteht zwischen Ihnen eine besondere Bindung, es ist ein Dialog voller Emotionen, Zweifel, heikler Momente. Als Nea ihm vom Schicksal ihres Vaters erzählt, kommt es zum Bruch, zum Abreißen des Verständigungsfadens. Es zeigt sich, dass das zu viel ist. Sie teilt ihm die Erzählung mit, auf die sie sehr lange warten musste. Der Vater brauchte 67 Jahre, um ihr über den Holocaust zu berichten, über den Pogrom in Lwow und seine Nachkriegserlebnisse. Nea erzählt sie dem Freund, er ist aber nicht bereit, deren Last zu tragen, die für ihn, einem Deutschen der zweiten Generation, zu schwer zu ertragen ist: „Meine Geschichte ist nicht deine Geschichte? Du meinst, dass man sie einfach so ad acta legen kann, sie in einem Archiv entsorgen? Einfach so, als sei nichts geschehen? Wie ist das möglich? Entscheidest du dich für ein Leben in der Heuchelei?“

„Das Glück hat mich umarmt“ (polnischer Titel: „Gorzki smak szczęścia“), ein Roman in Briefen, ist eine weitere Stimme der zweiten Generation, eine intime Geschichte, in der Nea Weissberg das Schicksal ihrer Familie, ihre Kindheit, das Erwachsenwerden, das Verhältnis zu Nahestehenden, die Annäherung an die Wahrheit und den Aufbau der eigenen Identität beschreibt. Sie wurde in Deutschland geboren, ist dort aufgewachsen und geblieben. Sie spricht von sich als Berlinerin jüdischer Herkunft. Ihre Briefe sind hauptsächlich, aber nicht nur, an einen imaginierten Freund gerichtet, einen Nichtjuden. Es entsteht zwischen Ihnen eine besondere Bindung, es ist ein Dialog voller Emotionen, Zweifel, heikler Momente. Als Nea ihm vom Schicksal ihres Vaters erzählt, kommt es zum Bruch, zum Abreißen des Verständigungsfadens. Es zeigt sich, dass das zu viel ist. Sie teilt ihm die Erzählung mit, auf die sie sehr lange warten musste. Der Vater brauchte 67 Jahre, um ihr über den Holocaust zu berichten, über den Pogrom in Lwow und seine Nachkriegserlebnisse. Nea erzählt sie dem Freund, er ist aber nicht bereit, deren Last zu tragen, die für ihn, einem Deutschen der zweiten Generation, zu schwer zu ertragen ist: „Meine Geschichte ist nicht deine Geschichte? Du meinst, dass man sie einfach so ad acta legen kann, sie in einem Archiv entsorgen? Einfach so, als sei nichts geschehen? Wie ist das möglich? Entscheidest du dich für ein Leben in der Heuchelei?“

In einem der Briefe stellt ihm Nea eine wichtige Frage. Sie möchte erfahren, wie er mit dem Trauma zurechtgekommen ist, wie man darüber im Elternhaus gesprochen hat. Sie sind doch beide durch die dramatische Geschichte verbunden, die sie als Erbe bekommen haben, sind Teil von ihr. Die Korrespondenz deckt die Schwierigkeiten des Verhältnisses unter den Überlebenden, deren Kindern und Enkeln auf, sie ist ein Versuch, die Frage zu beantworten, ob es zwischen ihnen eine Verständigung geben kann. Wie kann die zweite Generation von Juden und Deutschen sich untereinander verständigen, die eigenen Erlebnisse teilen, wie können sie ihre Geschichten einordnen und verstehen? So liefert das Buch auch den Anlass über die zweite Generation grundsätzlich zu reflektieren, über „die Kinder arischer Eroberer“, wie sich der Psychotherapeut Müller-Hohagen in einem Brief an die Autorin ausdrückt. Beide Seiten werden mit einer wichtigen und schwierigen Herausforderung konfrontiert. Beide, Nea und ihr Freund, wurden zum Tragen einer schweren historischen Last verurteilt, einer gemeinsamen Last, ob sie es wollen oder nicht.esem Buch geht es um vieles Tabus, um das Nicht-Sagbare und das Nicht-Fragbare. Während diese Stimmung gerade in den ersten Teilen des Buches präsent ist, löst diese sich zunehmend auf, denn wir Lesenden erfahren die Geschichte der Eltern, ihrer Verwandten und der Erzählenden gelingt es sogar in einer Gruppe, bestehend aus Juden und Nichtjuden, die Gedenkstätten Auschwitz und Birkenau zu besuchen.

Als schon erwachsene Frau begibt sich Nea auf eine Reise nach Polen, auf Spuren ihrer Eltern, auf Spuren des ganzen Volkes. Es ist eine Reise, die einen Abschnitt schließt, das Bild der Eltern, der Mutter zurückruft, die Sehnsucht nach ihr, Nea den Eltern annähert.

„Der bitter Geschmack des Glücks“ ist eine persönliche Erzählung, die aber Fragen aufwirft, die vielen Zeugnissen der zweiten Generation eigen sind. Ein schwieriges, oft schmerzliches Verhältnis zu den Eltern ist sicher deren wichtiger Teil. Das Gefühl der Entfremdung zum Ort, zum Volk, das Gefühl anders zu sein, ständige Suche nach Identität. Unter Zuhilfenahme eines erfundenen Adressaten führt die Autorin ein Selbstgespräch, stellt darin viele Fragen, die sie nicht beantworten kann.

Im Nachwort beschreibt Halina Birenbaum die Zerrissenheit, unter der Nea aufwuchs und die zum Teil ihrer Nichtzugehörigkeit wurde:

„Unter normalen Bedingungen wächst das Kind im Kreis der Familie auf: mit Eltern, Tanten, Onkeln. Es kennt sich aus, fühlt sich unter ihnen sicher. Die Bilder der Vorfahren erweitern den Kreis der Familie: deren Lebensstil, die Umgebung, die Orte, die Sprache sind ihm wohlvertraut. Seine Erlebnisse sind in der gemeinsamen Welt der Familie verwurzelt. Es ist eine Welt voller Gefühle, Begegnungen, Erfahrungen. Das alles müssen Kinder entbehren, die nach dem Holocaust die Welt erblickt haben, geboren meist außerhalb der Heimat ihrer Eltern.“

„Das Glück hat mich umarmt“ (polnischer Titel: „Gorzki smak szczęścia“) stellt die vermutlich kaum bekannte Situation von Juden, Überlebenden des Holocaust dar, die aus unterschiedlichen Gründen beschlossen haben, ihr Schicksal an Deutschland zu binden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die am Ende des Buches abgedruckten Briefe von Freunden, Familienmitgliedern und Psychotherapeuten. Sie sind an Nea gerichtet, beziehen sich auf ihren Text, beinhalten aber auch eigene Erfahrungen, Beobachtungen und Bemerkungen. Die Briefe und das Nachwort von Halina Birenbaum, sowie das Vorwort von Michael Schudrich ergänzen und kommentieren das Buch hervorragend. Das Buch ist eine weitere wichtige Darstellung von Erfahrungen der zweiten Generation, eine Erzählung über das von den Eltern übermittelte Trauma.

Das Buch kann in Wroclaw im Buchladen der Synagoge zum Weißen Storch sowie in der Redaktion der Zeitschrift „Chidusz“ für 40 zloty käuflich erworben werden.

Dorota Kozlowska, September 2016
(Übersetzung aus dem Polnischen: Gabriel Berger)


Lichtig-Verlag, Berlin 2008
ISBN: 3-929905-21-3
Preis: EUR 14,90

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